Monatszeitschrift „Bergland“ 1934, Heft 2.
Maske: Entwurf von
Trude Schleiss
Gmundner Keramik – Schleiss Keramik
Die „Gmundner Keramik“, wie wir sie heute kennen, ging aus einem im Jahr 1903 von Leopold Schleiss unter dem Namen „Gmundner Thonwaren-Fabrik“ (anfangs Thonwaren mit „h“) errichteten Betrieb in Traunleiten, heute Keramikstraße Gmunden, hervor.
Schon im Jahre 1843 kauften die Eltern von Leopold Schleiss in Gmunden die „Hafnerhäuser am See“, heute Theatergasse 14 und 16, und übten dort ihr Hafnergewerbe aus.
1883 übernahm Leopold die gut gehende und deshalb bald an ihre räumlichen Grenzen stoßende Werkstätte. Dies führte zum Kauf eines Grundstückes im oberhalb von Gmunden gelegenen Traunleiten, auf dem 1903 eine neue Fabrikationsstätte errichtet wurde.
Leopolds Sohn Franz Schleiss II (geb. 1884) zeigte großes handwerkliches und künstlerisches Talent und entwickelte sich zum überzeugten Vertreter der um die Jahrhundertwende aufkommenden neuen Kunstströmungen. Bereits 1907 waren mehrere Künstler und Künstlerinnen für das Unternehmen tätig, und Fayencen wie Kleinplastiken wurden auf Ausstellungen gezeigt. Nach seiner 1909 erfolgten Verehelichung mit der akademischen Bildhauerin Emilie Simandl, gründete er mit ihr 1910 die „Keramische Werkstätte F. u. E. Schleiss, Gmunden“.
1913 kam es zum Zusammenschluss mit der „Wiener Keramik“. Der neue Firmenname lautete „Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik und Gmundner Tonwarenfabrik Schleiss, Ges.m.b.H.“. Die Modelle der „Wiener Keramik“ von Powolny, Löffler und anderen Künstlern gehörten nun zum künstlerischen Bestand des Unternehmens.
Nach einer Zeit unglaublicher Vielfalt und Fülle an außergewöhnlichen Keramiken kam es mit Beginn des Ersten Weltkrieges, im Rahmen der am Anfang des Krieges herrschenden Hochstimmung, zu einer Sortiment Erweiterung mit „patriotischer Kunst“.
Bald aber machte sich das Fehlen von zum Kriegsdienst eingezogenen Arbeitskräften bemerkbar. Mit der Gründung einer „Lehrwerkstätte für Keramik, Schleiss Schule“ steuerte Franz Schleiss dagegen und holte auf diese Weise neue Mitarbeiter in die Firma.
Nach Kriegsende erzeugte er mit einigen Absolventen der Schule Unikatkeramiken, die in der „Gmundner Werkstätte, registrierte Genossenschaft m.b.H.“ erzeugt und gemeinsam mit der „Gmundner Keramik“ vertrieben wurden.
1923 wurde die „Gmundner Keramik“ in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und firmierte nun unter „Gmundner Keramische Werkstätten A.-G.“. Meinungsverschiedenheiten führten 1926 zum Austritt des Ehepaares Schleiss, welches daraufhin die „Josefine Schleiss Gmundner Keramik“, die spätere „Schleiss Keramik“, und in Deutschland die „Münchner Werkstätte G.m.b.H.“ gründete.
In der Folge geriet die „Gmundner Keramik“ in finanzielle Schwierigkeiten und wurde vom Industriellen August Warchalowski übernommen.
1938 gelangte die „Gmundner Keramik“ unter nationalsozialistische Verwaltung, wurde danach von deutschen Staatsbürgern erworben und in der Folge als kriegswichtiger Betrieb eingestuft. Schlechter erging es der „Schleiss Keramik“, die als nicht kriegswichtiger Betrieb bald unter Rohstoffmangel zu leiden hatte.
Bemühungen von Franz Schleiss, nach dem Ende des Krieges „seine“ „Gmundner Keramik“ zurück zu kaufen, scheiterten. Zuerst unter kommissarischer Verwaltung stehend, wurde die Firma einem der deutschen Eigentümer zurückgegeben. Dank der Wiederaufbaujahre ging es beiden Gmundner Unternehmen wirtschaftlich gut: Der „Schleiss Keramik“ mit ihren künstlerischen Keramiken und einem zweiten Betrieb in Oberösterreich, der „Gmundner Keramik“ mit ihrem Gebrauchsgeschirr und der figuralen Keramik, wie Aktfiguren und „Neger“, wie sie in den damaligen Katalogen genannt wurden.
Die „Schleiss Keramik“ erhielt nach dem Tod von Franz Schleiss 1968 mit seinen Töchtern Grete und Gertrude neue Firmeninhaber.
Nach dem 1978 erfolgten Ableben Gretes, führte Gertrude Schleiss die Werkstatt bis zur Schließung im Jahre 1983 weiter.
Die „Gmundner Keramik“ geriet in den 1960er-Jahren in finanzielle Schwierigkeiten und wurde 1968 von Johannes (Fürst von) Hohenberg erworben. Nach einer Reihe erfolgreicher Jahre kam es erneut zu wirtschaftlichen Problemen. 1997 wurde das Unternehmen von Johannes (Graf von) Moy übernommen und 2011 an seinen Sohn Max weitergegeben.